fillTeaser   Wieviel wiegen Aquarien ?

Ein Aquarium kann zu einer starken Belastung werden. Nicht nur für den Pfleger und die Familie, sondern auch für die Unterkonstruktion und die Wohnungsdecke. In dem folgenden Beitrag soll aufgezeigt werden, wie sich das Gewicht eines Aquariums näherungsweise ermitteln läßt und worauf es unter anderem bei der Aufstellung des Beckens ankommt.


Ein Liter Wasser wiegt ein Kilogramm. Diese Erkenntnis hat sich heutzutage allgemein durchgesetzt. Ein Aquarium mit 300 Litern Inhalt wiegt deshalb aber noch lange nicht nur 300 kg. Wieviel wiegt aber nun ein Aquarium inclusive Ausstattung wirklich?
Dieser Frage soll anhand zweier Beispielberechnungen nachgegangen werden. Hierdurch möchte ich den Leser aber nicht dazu anregen, die Tragfähigkeit seiner Wohnungsdecke selbst zu beurteilen, sonderen lediglich das Gefühl für Lasten etwas sensibilisieren. In Zweifelsfällen sollte schon aus Haftungsgründen ein Statiker zu Rate gezogen werden.

In der Statik ist allgemein üblich, Lastangaben in der Einheit "Newton" anzugeben. Aus Verständlichkeitsgründen aber werde ich hier die Einheit "Kilogramm" verwenden. Auch rundet man Zahlen, da die Lastannahmen derart grob sind, daß es vergebliche Liebesmüh ist, wenn man nun viele Nachkommastellen mitschleppen würde. Ob man z.B. die Höhe des Bodengrundes genau eingibt, ist relativ egal. Viel wichtiger ist es, daß man die Größenordnung der einzelnen Komponenten richtig wählt und vor allen Dingen die maßgebenden Größen richtig schätzt.

Hierfür nun zwei Beispiele:

Das Gewicht eines 200-Liter-Aquariums.

Die Außenabmessungen des angenommenen Beckens betragen 1,00 m x 0,40 m x 0,50 m. Das Aquarium selbst sei mit einer Glasstärke von ca. 6 mm hergestellt. Damit man an das Gewicht herankommt, braucht man nun das spezifische Gewicht von Glas. Es beträgt ca. 3000 kg pro Kubikmeter, also das dreifache des Wassers.
Front- und Rückscheiben: 2 x 1,00 m x 0,40 m = 0,80 m2
Seitenscheiben: 2 x 0,40 m x 0,50 m = 0,40 m2
Bodenscheibe: 1 x 1,00 m x 0,50 m = 0,50 m2
Streben: 2 x 0,50 m x 0,10 m = 0,10 m2
Gesamtfläche: A = 1,80 m2
Anteil des Glases 1,80 x 0,006 x 3000 = 32 kg

Es wird eine Bodenschichtdicke von 6 cm angesetzt. Daraus ergibt sich ein Volumen von
V = 1,00 m x 0,50 m x 0,06 m = 0,03 m3.
Kies wiegt ca. 1800 kg pro Kubikmeter. Da der Kies aber im Wasser liegt, verringert sich sein Gewicht um das des verdrängten Wassers (Archimedes).
Trockengewicht des Kieses: 0,03 m3 x 1800 kg/m3 = 54 kg
abzüglich des verdrängten Wassers 0,03 m3 x 1000 kg/m3 = 30 kg
Anteil des Kieses = 24 kg
Bei einer 95%-igen Füllung: 1,00 m x 0,50 m x 0,40 m x 0,95 = 0,19 m3
Anteil des Wassers 0,19 m3 x 1000 kg/m3 = 190 kg

In der Summe ergeben sich daraus: 32 kg + 24 kg + 190 kg = 246 kg

Ein 200-ltr-Aquarium wiegt also circa eine viertel Tonne !!! - Beleuchtung und Unterkonstruktion sind dabei unberücksichtigt geblieben, da der Anteil sehr klein, bzw. die Gewichte der Unterkonstruktion sehr unterschiedlich sein können.


Wie sieht es denn nun bei einem 500 ltr-Aquarium aus ?

Es werden Außenabmessungen von 2,00 m x 0,50 m x 0,50 m angesetzt. Die Glasstärke betrage 8 mm.
Gesamtfläche: A = 3,70 m2
Anteil des Glases 3,70 x 0,008 x 3000 = 89,00 kg

Die Dicke wird des Bodengrundes wird diesmal mit 10 cm im Mittel angenommen
V = 2,00 m x 0,50 m x 0,10 m = 0,10 m3
Trockengewicht des Kieses: 0,10 m3 x 1800 kg/m3 = 180 kg
abzüglich des verdrängten Wassers 0,10 m3 x 1000 kg/m3 = 100 kg
Anteil des Kieses Gk = 80 kg
95 %-ige Füllung: 2,00 m x 0,50 m x 0,50 m x 0,95 = 0,475 m3
Anteil des Wassers 0,475m3 x 1000 kg/m3 = 475 kg

In der Summe ergeben sich daraus: 89 kg + 80 kg + 475 kg = 644 kg


Was sagen diese Zahlen nun aus ?

1. Auswirkungen auf die Decke

Für gewöhnlich werden Wohnungsdecken in reinen Wohngebäuden mit einer zulässigen Nutzlast von 150 kg/m2 berechnet. Umgerechnet ergeben sich bei dem 200 Liter Aquarium 246 kg / 0,50 m2 = 492 kg/m2 und beim 500-ltr Becken schon 644 kg/m2. Dieses entspricht einer Lastüberschreitung für die Decke um den Faktor 4,3. Ein beachtlicher Faktor ! - So dramatisch, wie es sich jetzt anhört, ist es aber nicht ganz, denn Aquarien stehen für gewöhnlich an einer Wand und außerdem hat man ja nicht vollflächig eine Belastung von 150 kg/m2 in der Wohnung, so daß normalerweise gewisse Tragreserven vorhanden sind, die schlimmeres vermeiden.

2. Vorsicht bei Holzbalkendecken

Interessant aber wird es, wenn man entweder eine Holzbalkendecke als tragende Deckenkonstruktion hat, oder aber ein (größeres) Aquarium etwa in der Zimmermitte aufstellen möchte. Gerade bei Holzbalkendecken kann dieses zu unschönen Durchbiegungen der Decke führen, die in der unterliegenden Wohnung den Putz reißen lassen. Häufig kommt es am Aquarium dadurch zum Bruch der Bodenplatte. Glas ist besonders auf kleine Strecken bezogen nicht sehr elastisch. Geringe Verformungen lassen es schon brechen. Die Frage der Durchbiegung sollte somit nicht unterschätzt werden. Sie nimmt auch nach Jahren noch zu. Man spricht dabei vom sogenannten "Lastkriechen". Was also unmittelbar nach der Aufstellung noch schön gerade dasteht, kann im Laufe der Zeit in eine Schieflage geraten. Die Durchbiegungen der Decke können übrigens bei mittiger Aufstellung des Aquariums durchaus in den cm-Bereich gehen. Sobald sich ein ungleichmäßiger Wasserspiegel abzeichnet, wird es Zeit, daß man sich über die Ursache Gedanken macht.

3. Estrich

Ein gefährdetes Bauteil ist der Estrich. Für gewöhnlich werden heutzutage sog. "schwimmende Estriche" eingebaut. Eine ca. 5 cm starke Estrichschicht liegt auf Styropor auf. Starke Randlasten, z.B. aus schweren Schränken, Regalen und großen Aquarien, können den Estrich brechen lassen.

4. Unterschrank / Aquarium

Bricht der Estrich, gibt eine Stütze oder Wand des Aquarienunterschrankes nach. Dadurch kommt es zu Last- und Kraftverschiebungen innerhalb des Schrankes. Das wiederum führt dann sehr leicht zum Bruch des Aquarienglases. Überhaupt dürfte der Estrichbruch real die größte Gefahrenquelle bei einer Stahlbetondecke darstellen. Um das zu vermeiden, muß die Last möglichst großflächig verteilt werden. Dünne Platten sind dabei nur von geringer Wirkung. Am besten achtet man beim Kauf des Unterschrankes schon darauf, daß möglichst alle Wandscheiben Lasten aufnehmen und auch im inneren des Schrankes tragende Trennwände vorhanden sind. Gerade die Vorderseite ist durch Schubladen und Türen oft derart durchlöchert, daß sie real kaum noch Lasten überträgt. Die Folge ist dann, das die Lasten konzentriert über die Seiten- und Rückwände des Schrankes auf den Estrich gelangen.

5. Befestigungen an der Wand

Sehr gerne werden Aquarien auf ein Regal gestellt, das per Dübel in der Wand befestigt ist. Schaut man in die bauaufsichtlichen Zulassungen der Dübel, dann stellt man fest, daß diese erstaunlich geringe Tragfähigkeiten aufweisen. Besonders die bekannten Kunststoffdübel sind bestenfalls zum Anbringen eine Bildes geeignet. Man muß ja bedenken, daß aufgrund der Stellung des Aquariums noch ein sogenanntes Moment aus ausmittiger Lasteinleitung auftritt und die Dübel unter Umständen durch die Zugkraft herausgezogen werden können. Auch kann bei Kunststoffdübeln durchaus das Lastkriechen eintreten. Wenn schon eine Befestigung per Dübel an der Wand, dann sollte man sog. Spreizdübel verwenden die über eine Zulassung für die Montage im Mauerwerk verfügen.

6. Fazit:

Ich möchte hiermit keine Schwarzmalerei betreiben, sondern lediglich das Gefühl für Gewichte der Aquarien stärken und zeigen, daß bei großen Aquarien rechtzeitig darüber nachgedacht werden sollte, ob es überhaupt aufgestellt werden kann. Unsere Gebäude sind zwar in der Regel sehr sorgfältig durchkonstruiert und auch der Lastfall "Aquarianer" ist berücksichtigt worden, aber man sollte sein Vertrauen in die Technik und die Klugheit der Baustoffe nicht übertreiben, denn extreme Ansprüche werden nicht bedacht, es sei denn, man hat seine Wünsche dem Statiker schon bei der Planung des Hauses mitgeteilt.

 

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