Rinderherz
1. Allgemeines
Die Verfütterung von Rinderherz, ein Thema, das die Aquarianer in zwei Lager teilt.
Dabei kann der Begriff "Rinderherz" auch als Synonym für Warmblüterfette stehen, die dem Futter beigemischt werden.
Womit wir eigentlich schon mitten im Thema stehen.
Rinderherz als Alleinfutter ist schlichtweg unmöglich, es kann nur in geringer Dosis einem dafür angepasst zusammengemischtem Futter beigemengt werden - wenn überhaupt.
Hier auch gleich der zweite wichtige Punkt, die Dosierung.
Fälschlicherweise wird Rinderherz generell wegen seiner angeblich schlechten Eigenschaften verteufelt, ohne zu bedenken, das die Probleme aus Dosierungsfehlern des hochproteinhaltigen Rinderherz resultieren.
Vom Standpunkt der Inhaltsstoffe wie eben Protein oder auch den Mineralien und Spurenelementen her gesehen kann man Rinderherz, sofern man sich auf die ca. 30% brauchbare Masse beschränkt, als nahezu ideal ansehen.
Das Problem, das viele Aquarianer haben bzw. hatten, liegt somit eher im Grundansatz wie Fütterungsverhalten und Futtermischung sowie in der Qualität der Rohmasse und ist nicht beim Rinderherz selbst zu suchen.
Wer meint, durch das generelle und konsequente Weglassen von Warmblütererzeugnissen bei der Fischfütterung in punkto Verfettung auf der sicheren Seite zu stehen, muss nach der Lektüre der folgenden Abschnitte umdenken ;)
Hinweis:
Es geht hier nur darum, genau zu differenzieren und nicht darum, Rinderherz als Fischfutter anzupreisen!
Ich selbst habe Rinderherz noch nie verfüttert und rate auch jedem davon ab, es zu tun, weil es fast immer mehr Probleme als Nutzen bringt.
Zudem ist der Aufwand, brauchbares Futter aus Rinderherz herzustellen, einfach zu hoch (s.u.).
Es gibt für den normalen Aquarianer keinen plausiblen Grund, Rinderherz an Fische zu verfüttern.
Da gibt es bessere Alternativen.
2. Grundsätzliches
Vielfach wird von Leberverfettung nach Fütterung mit Rinderherz berichtet. Wer hier die Schuld verallgemeinernd und ausschließlich beim Rinderherz sucht, liegt falsch. Eine Leberverfettung im speziellen bzw. eine Körperverfettung im allgemeinen kann ich auch durch Überfütterung mit anderen Substanzen (namentlich Stärke) erreichen. Womit wiederum das Dosierungsproblem im Vordergrund steht.
Es kommt auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Energiezufuhr und Energiebedarf an. Ist letzterer geringer als die Energiezufuhr, wird der Überschuss an Fett im Körper abgelagert. Wo dieses Fett ursprünglich herkam, ist dabei völlig egal.
Die These, Warmblütererzeugnisse können vom Fisch nicht verwertet werden, ist fachlich ebenso nicht haltbar.
Hier braucht man nur logisch zu denken.
Wenn Substanzen im Körper eingelagert werden, muss das Ursprungserzeugnis zwangsläufig verwertbar gewesen sein. Wieso verfetten also Fische, die mit Warmblütererzeugnissen gefüttert werden, schneller?
Einzig langkettige Fette sind nicht verwertbar und werden über den Darm wieder ausgeschieden.
Die kurzkettigen Fette werden von Lipasen hydrolisiert.
Die daraus entstehenden Fettsäuren und Glycerine werden vom Körper resorbiert, damit sind sie unabhängig von ihrer Herkunft verwertbar. Fett wird somit nicht eingelagert, weil es nicht verwertbar ist, sondern im Gegenteil, gerade, wenn es gut verwertbar ist. Nur wurde dem Fisch davon zuviel verabreicht.
Ein Rinderherz besteht zu ca. 30% der Gesamtmasse aus einem speziellen dunklen Muskelfleisch, welches einerseits aus sehr dünnen Faserstärken besteht und damit den Verdauungsenzymen eine relativ große Angriffsfläche bietet. Andererseits ist es nahezu frei von Fetteinlagerung und Bindegewebe (Kollagen).
Dies ist wichtig, da z.B. Kollagen vom Fisch enzymatisch nicht aufgespalten werden kann und unverdaut wieder ausgeschieden wird. Da es sich um ein langfaseriges und haftendes Gewebe handelt, sind Verdauungsprobleme bis hin zu Darmverschlüssen vorprogrammiert. Hier liegt auch ein Problem von industriell gefertigtem Futter mit Rinderherzanteil.
Wer garantiert eine solch akribische Vorbehandlung der Rohware, die aber unabdingbar ist?
Das war das eine Problem bei der Verfütterung von Rinderherz. Das andere ist der sehr hohe Proteingehalt. Im Falle des Rinderherz wird die Hauptenergie aus dem hohen Proteingehalt gewonnen. Da diese Energie in den meisten Fällen der Zierfischhaltung nicht umgesetzt werden kann, wird der Überschuss als Fettgewebe im Fischkörper eingelagert. Diese Speicher werden bei normaler Aquarienhaltung allerdings selten bis nie angetastet sondern eher noch erweitert.
Dem Fisch wird also auch hier wieder zuviel verabreicht = Dosierungsproblem.
3. Was ist beim Verfüttern zu beachten
Rinderherz hat in der (frischen) Rohmasse mit etwa 20% (orig. BREMER) im Gegensatz zu Insekten oder aquatischen Krebstieren (durchschnittlich 8%) einen deutlich höheren Proteingehalt. Als Alleinfutter ist es somit denkbar ungeeignet.
Daher ist eigentlich nur eines zu beachten.
Nämlich bei der Verfütterung eine Futtermischung zu wählen, die diesem Aspekt angepasst ist. Das heißt, es kommen nur Mischungen in Betracht, die einen ausreichend hohen Anteil an Ballaststoffen (Rohfasern) beinhalten. Hiermit wird das Verhältnis Protein-/Fettmenge zu Rohfaser in einen günstigen Bereich verschoben. Das Ganze natürlich bezogen auf die Gesamtmenge, welche ein Fisch pro Fütterung zu sich nimmt.
Da es sich bei den Futtermischungen meist um die Zusammenstellung verschiedenster Rohwaren handelt, wird der Mangel des Rinderherzes an ungesättigten Fettsäuren kompensiert. Vielfalt ist auch hier wieder der Garant für gesunde Ernährung.
Zusätzlich muss die Qualität des Rinderherz stimmen, nur die oben beschriebenen 30% sind brauchbar.
4. Fazit
Wie hieraus erkennbar wird, beschränken sich die oft diskutierten Probleme nicht allein auf das Rinderherz, sondern sind zum Teil in ganz anderen Dingen begründet. Man muss also genau differenzieren. Im Grunde genommen ist korrekt vorbehandeltes Rinderherz eine hochwertige Komponente im Fischfutter, sie muss nur entsprechend ihrer Nährwerte angewendet werden.
Doch dies trifft ja auch auf nahezu alle anderen Futterkomponenten zu, was die Argumentation gegen Rinderherz weiter relativiert, die teilweise vom Grundsatzproblem ablenkt.
Überfüttere ich einen Fisch, auch ohne Rinderherz, verfettet er mit der Zeit - ist beim Menschen ja nicht anders. Habe ich bei der Verfütterung von Rinderherz Probleme mit den Fischen, hatte ich vorher schon eines bei der Dosierung.
Ergo, nicht das Rinderherz selbst ist die primäre Gefahrenquelle (obwohl eine potentielle), sondern der Aquarianer, der seinen Fischen zuviel davon verfüttert ;)
Aber noch einmal eindringlich, das Verfüttern von Rinderherz und anderen Warmblütererzeugnissen an Zierfische sollte nach Möglichkeit unterbleiben!
Ergänzend zu diesem Thema noch zwei Literaturhinweise für den interessierten Aquarianer:
der Artikel "Rinderherz-Fütterung in der Aquaristik" von Stephan Dreyer in der Aquarien-Praxis der DATZ 9/2003, S.6+7 sowie ein Artikel gegen Rinderherzfütterung von Friedhelm Stetter in der DCG-Information 11/2003, S.261ff.
Nährwert durchschnittlich i.d.Tr. | ||
Wasser | 11 % | |
Protein (Eiweiss) | 70 % | |
Fett | ca. 20 % | |
Vitamine | B,P,Inosit | |
Ballaststoffe vorhanden | - | |
Wertigkeit | mittel |
Weiterführende Seiten : |
http://www.aquamax.de/HG12.htm |
http://aquanet.de/content/fachbeitrag/59b6fd8c-8096-4457-85dc-a6c88b7ad048 |
(ib)