Lebendfutter
Die große Bedeutung von Lebendfutter in der Zierfischhaltung und natürlich auch in der Zierfischzucht wird von vielen Aquarianern und Aquarianerinnen total unterschätzt. In vielfacher Hinsicht ist Lebendfutter für Fische ein unersetzlicher Bestandteil tiergerechter Haltung, denn nicht nur den Nahrungsbedürfnissen der Fische wird genüge getan, auch hilft es natürlichen Verhaltensweisen gerecht zuwerden, in dem der Jagdtrieb der Tiere befriedigt wird.
Leider muß man gegen viele Vorurteile in Sachen Lebendfutter ankämpfen, um Aquarianer von der Notwendigkeit von lebenden Futtertieren zu überzeugen. Oft hört man die grausige Legende, mit Lebendfutter würde man sich Krankheiten ins Aquarium holen. Das kann man getrost schon mal ins Reich der Fabel verweisen. Sicher besteht ein ganz kleines Restrisiko, dass man sich mal einen Fischparasiten einschleppt. Nur Aquarianer, die davor Befürchtungen hegen, sollten besser morgens das Bett nicht verlassen, denn es könnte ihnen ein Unglück widerfahren.
Um der Gefahr von Fischparasiten fast völlig aus dem Wege zu gehen, ist es ratsam, nur auf Lebendfutter aus dem Handel oder aus eigenen Futtertierkulturen zurückzugreifen. Obendrein kommt noch hinzu, dass die Entnahme von Tieren aus fremden Gewässern ohnehin vielerorts unter Strafe steht.
Eine ebenfalls häufig vorgebrachte Schauergeschichte ist, dass Lebendfutter, insbesondere stehen da Rote Mückenlarven und Tubifex unter Verdacht, aus belasteten Gewässern stammen könnten. Auch diesem Märchen ist eine klare Absage zu erteilen. Dazu wäre zu bemerken, dass diese Aussage vor dreißig, vierzig Jahren eine gewisse Berechtigung gehabt haben mag. Da haben Schüler den Zooladen an der Ecke mit selbstgefangenem Lebendfutter versorgt, um sich ihr Taschengeld aufzubessern.
Dieses Futter mag sicher nicht immer einwandfreien Bezugsquellen entsprungen sein, nur heute steht hier ein ganzer Industriezweig dahinter, der Lebendfutter unter professionellen Bedingungen produziert.
Viele sind auch der Meinung, dass sie den Nahrungsbedürfnissen ihrer Pfleglinge mit dem im Handel angebotenen Futter aus der Dose Rechnung tragen. Das mag zwar bei einigen Fischen eine willkommene Nahrungsergänzung darstellen, kann aber keinen gleichwertigen Ersatz zu lebenden Futtertieren darstellen. Und mal Hand auf's Herz, wer von uns ernährt sich jeden Tag gern aus der Konserve?!
Da ich nun eingangs auch die Wichtigkeit von Lebendfutter in der Zierfischzucht erwähnt habe, wird sich möglicherweise noch jemand das Hintertürchen aufhalten wollen, dass man ja gar nicht züchten möchte, sondern nur halten und da wird das Futter aus der Büchse schon reichen. Dem ist jedoch nicht so, auch Menschen die ihr Aquarium zur Erbauung betreiben und keinen Wert auf Fischnachwuchs legen, ist eine Verpflichtung zur tiergemäßen Fütterung aufzuerlegen.
Viel Wert wird in heutigen Zeiten auf Technik und Chemie gelegt, oft zu viel Wert. Das Geld, das in manch technischen Schnickschnack und hochgepriesene, vitaminspendende Wundertröpfchen fließt, wäre in Lebendfutter weit besser angelegt.
Bei Fischen, die regelmäßig mit Lebendfutter versorgt werden, sinkt die Anfälligkeit gegenüber Krankheiten und auch die Lebenserwartung steigt beträchtlich. Auch ist dem Verhalten von Fischen große Bedeutung zuzumessen und da wird man feststellen, dass die Vitalität um ein vielfaches zunimmt. Wichtig ist es natürlich auch, sich über die Nahrungsgewohnheiten der eigenen Fische entsprechende Informationen zu beschaffen. Einem Pflanzenfresser ist durch die tägliche Gabe frischer Mückenlarven keine Freude zu bereiten. Auch spielt die Ausgewogenheit des Futters eine wichtige Rolle. So ist es auch nicht empfehlenswert, Lebendgebärenden Zahnkarpfen, wie Guppy's oder Molly's, ausschließlich Lebendfutter zu reichen, da diese Tiere auch einen großen Anteil pflanzlicher Kost zu sich nehmen sollten.
Auf welche Futtertiere sollte man nun zurückgreifen. Zuerst sind da sicher Mückenlarven zu nennen, Rote und Weiße. Schwarze Mückenlarven stellen zwar das mit Abstand beste Lebendfutter dar, nur ist es im Handel meist nicht erhältlich. Hier wird man in den Sommermonaten auf die eigene Regentonne, oder die des Nachbarn, zurückgreifen müssen. Wie schon erwähnt Tubifex und soweit erhältlich auch Enchyträen. Auch stellen Salinenkrebse (Artemia) ein gutes Lebendfutter dar.
Wasserflöhe sind ebenfalls anzuraten, jedoch sind die meist auch nur in der wärmeren Jahreszeit im Handel erhältlich. Wasserflöhe sollten nur in Maßen, wegen des weitgehend unverdaulichen Chintinpanzers, verfüttert werden.
Auch sind Artemia-Nauplien eine gute Alternative. Die dazu nötigen Artemiaeier sind im Zoofachhandel erhältlich und müssen mittels Salzwasser und einem Luftheber in einem Kulturgefäss (Flasche oder großes Glas) selbst erbrütet werden.
So bleibt nur zu wünschen, dass aufgrund meiner Ausführungen möglichst viele Aquarianer/innen ihren Fischen den Speiseplan um einen der wichtigsten Punkte in der Zierfischernährung erweitern.
Der Artikel "Lebendfutter" wurde mit freundlicher Genehmigung von Helmut Reinsch (Aqua2000 e.V., Braun- schweig) zur Verfügung gestellt. Der Text unterliegt dem Urheberrecht des Autoren. Eine Weiterverwendung, gleich welcher Art, bedarf dessen Zustimmung!