fillTeaser   Frostfutter oder Frustfutter

"Man ist, was man isst", sagt der Volksmund.

Stimmt genau, und das gilt auch für unsere Aquarientiere, denn Futter ist nicht gleich Futter. Frostfutter nimmt in der Ernährung von Aquarienfischen und anderen Tieren inzwischen einen breiten Raum ein.

Das ist gut so, denn eine brauchbare Kältekonservierung reduziert den Nährwert um nicht mehr als 30% und ermöglicht es uns, unseren Aquarienfischen Nahrung zu reichen, die in Form, Größe und Zusammensetzung annähernd ihren natürlichen Beutetieren entspricht. Aber es gibt einige Dinge zu beachten, wenn man vermeiden will, dass es trotz der Tiefkühlung zu Qualitätsverlusten kommt.

Kälte konserviert dadurch, dass alle Stoffwechselvorgänge bei niedriger Temperatur langsamer ablaufen als bei hoher. Das gilt auch für Zerfallsprozesse, die bei Zimmertemperatur schneller voranschreiten als unterhalb von 0°C. Doch ganz zum Stillstand kommen sie auch bei –20°C nicht, so dass bei zu langer Lagerung durchaus enorme Qualitätsverluste auftreten können. Darum sollte auf der Packung von Frostfutter stets ein Verfallsdatum angegeben sein.
 

Unterbrochene Kühlkette

Zu raschem Zerfall der Gewebestrukturen in den Frostfutterorganismen kommt es jedoch nach dem Auftauen, genauer gesagt sogar schon während des Auftauens, denn mit jedem Grad Temperatursteigerung beschleunigt sich dieser Prozess.
Das bedeutet im Klartext, dass Frostfutter durch ein Unterbrechen der Kühlkette und ein kurzzeitiges Auftauen nicht nur wertlos werden kann, sondern geradezu giftig, selbst wenn es anschließend wieder eingefroren wird.

Woran ist eine solche Unterbrechung der Kühlkette nun zu erkennen?

Bei Garnelen – auch Mysis-Schwebegarnelen – ist das relativ leicht, denn ihre Verwesung beginnt im Kopfbereich, was an einer schwärzlichen Verfärbung zu sehen ist. Auch eine allgemeine Hellfärbung der Futtertiere weist auf Zerfallserscheinungen hin. Wenn Mysis-Schwebegarnelen also bereits im gefrorenen Zustand schwarz verfärbte Köpfe haben und möglicherweise auch heller sind als üblich, zeigt dies eine Unterbrechung der Kühlkette an.
 

Gefrierbrand
 
Diese Garnelen waren einmal Frostfutter,
inzwischen handelt es sich dabei um
gefriergetrocknetes Futter!
 
Gammel ;)
Direkter Vergleich: Die Mysis-Schwebegarnelen in der rechten Schale wurden eine Stunde im Kühlschrank aufbewahrt (ca. 8°C), die in der linken, die aus dem gleichen Frostfutterwürfel stammen, eine Stunde bei Raumtemperatur (ca. 22°C). Die schwarzen Zonen (links) zeigen verwestes Gewebe. Eine Unterbrechung der Kühlkette kann den gleichen Effekt haben!
 

Bei Futtersorten mit kleineren Nahrungstieren ist ein Verwesungsvorgang nach dem Auftauen zu riechen.

Prüfen Sie darum nach dem Auftauen stets den Geruch des Futters. Auch die Form der Futtertiere sollte nach dem Auftauen noch klar erkennbar sein; ist dies nicht der Fall, dann haben Verwesungsprozesse bereits begonnen. Es ist auch für unsere Aquarienfische wichtig, dass die Beutetiere optisch erkennbar sind, das regt den Appetit an und führt zu natürlichem Fressverhalten.
 

Abwechslung tut Not

Ein weiterer wichtiger Rat ist, jeden Tag ein möglichst vielfältiges Angebot zu reichen. Es ist nicht genug, täglich ein anderes Futter einzusetzen, also beispielsweise heute Mysis, morgen Artemien, übermorgen Cyclops, usw. Wichtig ist, dass bei einer gemischten Fischgesellschaft, wie sie im Aquarium die Regel ist, jede Fischart ihr spezielles Futtertier findet und keiner aus Hunger das fressen muss, was ihm nicht bekommt.

Also: Bei jeder Einzelfütterung große bis winzige Partikel. Übrigens wählen Fische gern, sogar Spezialisten. Ein wichtiger Punkt ist auch der Wassergehalt des Futters. In KORALLE 14 und 17 berichteten wir in der Rubrik "Tipps und Tricks" über Frostfutter mit extrem hohem Wassergehalt. Die tatsächlich vorhandene Feststoffmenge ist bisweilen so gering, dass man die Rubrikbezeichnung "Tricks" auch ganz anders verstehen könnte, als sie eigentlich gemeint ist.
 

Blister          Eiswürfel ;)
Frostfutter oder Eiswürfel? In KORALLE 14 und 17 wurde dieser Frage nachgegangen.
 

Werfen Sie darum (und aus anderen Gründen!) niemals einen Frostfutterwürfel einfach in das Aquarium, sondern prüfen Sie immer nach dem Auftauen, ob Sie nicht eine Mogelpackung gekauft haben; die im Eiswürfel tatsächlich vorhandene Futtermenge variierte in Vergleichstests um mehrere hundert Prozent!
 

Qualitätsprüfung

Schon beim Kauf des Futters sollten Sie auf Qualität achten. Das heißt, die Tafeln müssen glatt und einheitlich sein, sie dürfen keine hellen oder rau aufgeworfenen Zonen, keine Kristallbildungen oder Antrocknungen aufweisen.

Deshalb sind Blisterpackungen problematisch, denn das darin befindliche Futter können Sie kaum auf seine Qualität prüfen; diese Veränderungen würden sich direkt unterhalb der undurchsichtigen Folie abspielen (was allerdings auch tafelförmiges Frostfutter betrifft, das nicht transparent verpackt ist).
Bei einer Blisterpackung können Sie lediglich Veränderungen der Futtertiere selbst, die durch eine Unterbrechung der Kühlkette zustande gekommen sind, durch die transparenten Blister sehen. Sie mögen praktisch sein, weil die Portionierung vereinfacht wird, doch dafür hat man durch den Alufolienanteil mehr umweltschädlichen Verpackungsmüll.

Auch muss die Verpackung dicht sein, denn sonst geschieht das, was in der Fernsehwerbung für Tiefkühlbeutel als "Gefrierbrand" bezeichnet wird. Man könnte auch von Gefriertrocknung sprechen, denn dem Frostgut wird durch Verdunstung regelrecht das Wasser entzogen, was nicht nur die Natürlichkeit der Futtertiere verringert, sondern sich auch auf Vitalstoffe auswirken kann.
 

Krill
Ohne Gefrierbrand und ohne Spuren, die auf eine
Unterbrechung der Kühlkette hinweisen:
Dieser Krill kann sorglos verfüttert werden.
 
Cyclops
 
Diese Tafel Cyclops ist in optimalem Zustand.
 

Wenn Sie also Gefrierfutter kaufen, das auf der Tafelunterseite getrocknete Strukturen aufweist, dann verfüttern Sie eigentlich gefriergetrocknete Nahrung.
 

Auftauen

Was ist beim Auftauen und Verfüttern zu beachten?

Frostfutter darf keinesfalls – wir erwähnten es bereits – als Würfel unaufgetaut in das Aquarium gegeben werden. Das Auftauwasser enthält nicht nur große Mengen an Nitrat und Phosphat, sondern oft auch Giftstoffe, die teilweise mit der Zucht der Futtertiere zusammenhängen.
Mysis-Schwebegarnelen beispielsweise werden wie Enchyträen auf Fäulnismilieu gezüchtet und können gewaltig mit allen möglichen Giftstoffen belastet sein, sogar Schwermetallen wie Quecksilber.

Das spricht natürlich nicht grundsätzlich gegen ihren Einsatz als Futtertier, doch man muss sie unbedingt – wie auch alle anderen Frostfuttersorten – vor Gebrauch gründlich spülen.
Zum Auftauen von Frostfutter eignet sich am besten ein Artemia-Sieb. Dieses wird mitsamt den Frostfutterwürfeln unter fließendes kühles (nicht warmes!) Wasser gestellt.
Je länger man nach dem Auftauen spült, umso besser, denn dadurch wird Phosphat weggeschwemmt. Das gilt natürlich auch für Nährstoffe, aber wir verlieren lieber Nährwert und verfüttern phosphatarmes Futter.

(Anm.: folgende Messreihe ist sehr interessant: Linkwww.ujaswelt.de/aquaristik/frofu.htm

Dafür füttern wir insgesamt mehr, um diese Nährstoffverluste auszugleichen. Dadurch nehmen die Fische dann mehr Ballaststoffe auf und sind stärker gesättigt, deshalb meist auch friedlicher.
 

Frostfutter als Mordwaffe!

Wie lange darf Frostfutter bei Zimmertemperatur stehen?

Am besten gar nicht! Die Zerfallsprozesse verlaufen bei bestimmten Gewebestrukturen in den Futtertieren so schnell, dass auf diesem Wege Verwesungsgifte entstehen können.

Darum gilt: Füttern, und den Rest sofort in den Kühlschrank! Angerichtetes, gespültes Frostfuttergemisch sollte auch im Kühlschrank nur für Stunden aufbewahrt werden, höchstens über den Tag.
Am schlimmsten ist es, wenn man den Frostfutterwürfel in ein Glas Wasser wirft und dieses dann den ganzen Tag über versehentlich stehen lässt. Das macht aus Frostfutter eine Mordwaffe für Aquarienfische!

Also nochmals: Frostfutter nie im Wasser stehen lassen, sondern immer gut abtropfen lassen, gleich verfüttern und nur notfalls einige Stunden lang kühl aufbewahren.
 

Frostfuttermischung
Diese Frostfuttermischung wurde aus zahlreichen Sorten zusammengestellt und kann rund 12 Stunden im Kühlschrank aufbewahrt werden, um sie über den Tag verteilt in zahlreichen Einzelportionen zu verfüttern.
 

Anreichern mit Vitaminen?

Wir empfehlen, das Frostfutter einmal wöchentlich mit Vitaminen anzureichern.
Dazu eignen sich flüssige oder gelatinierte Multivitaminpräparate, die in der Apotheke oder im Aquaristik-Fachhandel erhältlich sind, beispielsweise in Fläschchen oder Tuben.

Allerdings sollte man zu viel des Guten meiden, denn eine zu starke Vitaminisierung ist sicher gefährlicher als eine zu schwache. Als einmalige Gabe pro Woche reicht nach unserer Erfahrung ein knapp gefüllter Teelöffel eines gelatinierten Multivitaminpräparates für 200 Fische (mittlere Größe 8 cm).

Das Präparat wird mit der 20fachen Volumenmenge Frostfutter gründlich vermischt und in mehreren Einzelportionen über den Tag verteilt verfüttert.
 


Der Artikel "Frostfutter oder Frustfutter?" von Prof. Dr. Ellen Thaler und Daniel Knop wurde mit deren freundlicher Genehmigung dem Meerwasseraquaristik-Fachmagazin LinkKORALLE (Ausgabe 20, Mai/Juni 2003) entnommen. Text und Bilder unterliegen dem Urheberrecht der Autoren. Eine Weiterverwendung, gleich welcher Art, bedarf deren Zustimmung!

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